Relativität und Gravitation; Erwiderung auf eine Bemerkung des Hrn. A. Einstein

von Max Abraham

Relativität und Gravitation; Erwiderung auf eine Bemerkung des Hrn. A. Einstein
Max Abraham
Annalen der Physik, 1912, Band 343,  Heft 10 (kompl.  Artikel als PDF-Datei zu lesen)

Rezension aus der Dokumentation der Forschungsgruppe G.O. Mueller:

Anlaß ist eine Kritik Einsteins an Abrahams Gravitationstheorie.
Die Allgemeine Relativitätstheorie hat fast alle von der Kritik bis ca. 1914 (Sagnac-Versuch) vorgetragenen Widerlegungen der Speziellen Relativitätstheorie glänzend
bestätigt und die widerlegten Behauptungen kassiert, allem voran das völlig haltlose und widersinnige Postulat der absoluten C-Konstanz. Und alles geschah von Albert Einsteins eigener Hand: Max Abraham hat es bereits 1912 mit Genugtuung quittiert. Über die Qualität der neuen Theorie Allgemeine Relativitätstheorie ist damit noch nichts gesagt.

Max Abraham 1912 hat sehr früh schon in den allmählich entwickelten Vorstellungen Albert Einsteins zur späteren Allgemeinen Relativitätstheorie das offizielle Ende der Speziellen Relativitätstheorie diagnostiziert; nach Abraham hat Einstein bereits 1911 „einen Einfluß des Gravitationspotentials auf die Lichtgeschwindigkeit“ angenommen und damit „das für seine frühere Theorie wesentliche Postulat der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit aufgegeben“ (S.1056). Kürzlich hat Einstein auch die Invarianz der Bewegungsgleichungen bei Lorentz-Transformation aufgegeben und „damit der Relativtheorie den Gnadenstoß“ versetzt. Abraham begrüßt es „mit Genugtuung .., daß ihr Urheber selbst sich nunmehr von ihrer Unhaltbarkeit überzeugt hat“ (S. 1056). Wenn Gravitation die Lichtgeschwindigkeit beeinflußt, dann sind auch zwei Bezugssysteme nicht mehr gleichberechtigt, von denen eines in dem Gravitationsfeld ruht und das andere sich gleichförmig bewegt (S. 1057). Die Spezielle Relativitätstheorie  hat „besonders auf die jüngsten mathematischen Physiker“ eine faszinierende Wirkung ausgeübt und dadurch den Fortschritt der Physik gehemmt (S. 1056).

Für die Relativisten hat die Behauptung des Übergangs zwischen den beiden Theorien eine große strategische Bedeutung: die bis 1920 völlig unbestätigt gebliebene Speziellen Relativitätstheorie sollte von den behaupteten und damals in den Medien als sensationell propagierten experimentellen Bestätigungen der Allgemeinen Relativitätstheorie profitieren, sollte als deren Vorstufe vom Erfolg der Allgmeinen Relativitäts-theorie mitgetragen werden, was auch schon dadurch erreicht wurde, daß in den Medien und vielen populären Darstellungen auf die Unterscheidung zwischen den beiden Theorien kein Wert mehr gelegt wurde und nur von „der Relativitätstheorie“ die Rede ging [siehe Der geniale Doppelgriff]. Das Durchschnittspublikum hatte keine Chance, die unterschwellige Umbuchung des angeblichen Erfolges der Allgemeinen Relativitäts-theorie auf die Spezielle Relativitätstheorie zu durchschauen.

Abraham, Max: Relativität und Gravitation; Erwiderung auf eine Bemerkung des Hrn. A. Einstein. In: Annalen der Physik. F. 4, Bd. 38 (= 343). 1912, S. 1056-1058. Erwidert eine Kritik Einsteins, S. 355 u. 443. Anschließend eine Stellungnahme Einsteins, S. 1059. – Einstein, Albert: Die Grundlage der allgemeinen Relativitätstheorie. In: Annalen der Physik. 49. 1916, S. 769-822. Abgedruckt in: Das RP. Lorentz / Einstein / Minkowski. 1923 u. ö., S. 81-124. – Theimer 1977, S. 111-145.

 

Eine Antwort zu “Relativität und Gravitation; Erwiderung auf eine Bemerkung des Hrn. A. Einstein”

  1. Die Spezielle Relativitätstheorie wurde schon 1909 durch einen Freund Einsteins widerlegt | Blog - Jocelyne Lopez

    […] – Paul Ehrenfest 1911 – Paul Bernays 1912 – Max Abraham 1916 – Friedrich Kottler 1920 – Ludwik Silberstein 1920 – Albert Michelson 1920 – Melchior […]

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