Ausgrenzung der Kritik durch fachliche Verleumdung ihrer Autoren
von G.O. Mueller
Die Forschungsgruppe G.O. Mueller berichtet in ihrem Kapitel 2, Fehler-Katalog, Fehler T2 über die soziale Durchsetzung der Speziellen Relativitätstheorie:
Die Relativisten betreiben die Ausgrenzung der erschienenen kritischen Veröffentlichungen durch fachliche Verleumdung ihrer Autoren
Die Verleumdung kritischer Autoren geschieht selbstverständlich meistens im Zu-sammenhang mit ihren Arbeiten; dennoch ist die Abwertung von einzelnen Veröffentlichungen wohl zu unterscheiden von Verleumdungen der Kritiker als
Personen, mit denen man oft ein ganzes Lebenswerk trifft. Die Verleumdungen fehlen in fast keiner Darstellung der Relativistik, sie gehören zum Standard der Relativistik. Deshalb soll hier nur ein Modellfall der USA Relativistik als Beispiel ausgewertet werden, von allerhöchster Stelle sanktioniert durch ein Vorwort der Groß-Koryphäe Gerald Holton.
L. S. Swenson 1972 (S. 201) beurteilt die Kritiker der Theorie – Lodge, Miller, Sagnac, Righi, Michelson – auch noch 1972 als (a) zu alt, (b) in der Minderheit und (c) für die Zeitgenossen von 1923 nicht nur altmodisch, sondern geradezu reaktionär: wahrhaft physikalische Argumente für eine physikalische Theorie: „But they were of an older generation and woefully in the minority. Their conservatism with respect to the aether concept appeared not only outdated, but to many, by 1923, even reactionary.“
Swenson 1972 (S. 209) zählt die fachlichen Mängel z. B. in der Person von D. C. Miller detailliert auf: „Miller never took into serious consideration Mach’s and Einstein’s intellectual critiques of the Newtonian concept of „absolute“ motion. He apparently never really tried to understand the meaning of the relativity of simultaneity, nor had he seriously wrestled with the work of J. C. Kapteyn (1851-1922), Harlow Shapley (1885-), and other statistical astronomers interested in proper motions and in our galaxy’s structure and rotation.“
Swenson unterstellt wie alle Relativisten: wer ernsthaft ihre Theorie studiert, muß sich einfach von ihrer Richtigkeit überzeugen, und wer die Theorie ablehnt, der hat sie nur nicht genug studiert – eine wohl begründete Kritik und Ablehnung kann es nicht geben, Ablehnung ist nur ein Zeichen für fachliche Mängel, hier im Falle Millers alles einzeln aufgezählt. Zur Erinnerung: Miller war bis 1925 immerhin Präsident der American Physical Society.
Swenson 1972 (S. 233) erklärt alle Autoren, die eine Ätherhypothese „wiedereinführen“ wollen – als hätten alle sie auch abgeschafft gehabt! – für unprofessionell: „There continues to be a nonprofessional literature demanding that ’science must leave something for waves to wave in‘. And not few have been the attempts, often scurrilously personal, to discredit Einstein and relativity and to reinstate some kind of an aether.“ Demnach hätte am allermeisten Albert Einstein 1920 sich selbst diskreditiert: Swenson hat es entsprechend verstimmt kommentiert, gewissermaßen nimmt er die Theorie gegen ihren Urheber in Schutz! Immerhin erkennt Swenson richtig die Tragweite dessen, was 1920 in Leiden geschehen ist.
Brandes 1998 (S. 249) belegt mit einem „ondit aus Potsdam“, daß die Verleumdung auch heute noch gebraucht wird, um die Theorie zu schützen: „Wer die spezielle Relativitätstheorie widerlegen will, ist ein Esel. Bei der allgemeinen Relativitätstheorie mag es anders sein.“ Immerhin!
Nach Swensons Argumentation wird die richtige, wissenschaftliche Physik nur von gehorsamen jungen wissenschaftlichen Leuten gemacht, nach wissenschaftlichem Mehrheitsvotum der wissenschaftlichen Physiker entschieden, und irgendwelche Kritiker werden in die „nonprofessional“ oder die reaktionäre Ecke gestellt, zu den Feinden des Fortschritts. – Das Erklärungsmuster zur fachlichen Diffamierung am Beispiel D. C. Millers gehört zum Standardrepertoire der Relativisten.
Swenson 1972 (S. 209) zögert übrigens nicht, auch den Helden der Relativistik, Albert Einstein, ins Abseits zu stellen, wenn er seine eigene Theorie zu desavouieren scheint. Einstein hatte 1920 in einem öffentlichen Vortrag in Leiden den „Äther“ wiedereingeführt und damit eine Voraussetzung der Speziellen Relativitätstheorie widerrufen, was die rechtgläubigen Relativisten offensichtlich sehr irritierte; Swenson, Fußnote 50: „It must also be remembered that Einstein’s own qualms about the reinstatement of the aether concept were not widely known or credited.“ Nur Zweifel (qualms) sollen es 1920 in Leiden gewesen sein, nur wenig bekannt geworden und nur wenig geglaubt. Swenson zitiert anschließend als Autorität einen wenig bekannten C. P. Steinmetz mit der endgültigen Feststellung 1923: „Steinmetz regarded the aether hypothesis as ‚finally disproved and abandoned. There is no such thing as the ether, and light and the wireless waves are not motions of the ether‘.“ Damit ist für Swenson und die Relativistik das Ärgernis Albert Einstein 1920 ausgeräumt.
Swenson, Loyd S., Jr.: The ethereal aether; a history of the Michelson-Morley-Miller Aether-Drift Experiments, 1880-1930 / forew.: Gerald Holton. Austin (usw.): Univ. of Texas Pr., 1972. 361 S. Enthält Abdruck von 3 Aufsätzen von A. A. Michelson (1881, 1886, 1887). – Brandes, Jürgen: Die beiden Interpretationen der allgemeinen Relativitätstheorie am Beispiel der Kosmologie: das endliche, geschlossene Weltall. In: Die Einstein’sche und lorentzianische Interpretation der speziellen und allgemeinen Relativitätstheorie. 1998, S. 249-277.
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Siehe in diesem Blog über die soziale Durchsetzung der Speziellen Relativitätstheorie:
Fehler T1, T3, T4, T5, T6, T7 und T8
- 19. Januar 2012
- Artikel