Die von Albert Einstein behauptete Erklärung der Präzession des Merkur-Perihels soll eine wesentliche Leistung seiner Allgemeinen Relativitätstheorie sein
von G.O. Mueller
Aus der Dokumentation von G.O. Mueller Kapitel 2 – Fehlerkatalog
M: Allgemeine Relativitätstheorie / Fehler Nr. 7 (English Version…):
Die von Albert Einstein behauptete Erklärung der Präzession des Merkur-Perihels soll eine wesentliche Leistung seiner ART sein und ihre Bestätigung die ART bestätigen
Hier kann die Einleitung zu Fehler M 5 gekürzt wiederholt und variiert werden: Die Frage, von wem und wann eine bestimmte Erklärung zur Physik aufgestellt worden ist,
muß gestellt werden wegen der Frage der sachlichen Abhängigkeiten. Ein Erklärung, die von mehreren Theorien gegeben wird, kann nicht mehr von einer dieser Theorien als zwingender Beweis für sich selbst reklamiert werden; eine Erklärung, die früher schon gegeben worden ist, kann nicht als spezielle Leistung einer erst später entstandenen Theorie reklamiert werden, und ihre empirische Bestätigung ist keine zwingende Bestätigung für die spätere Theorie, sondern zeigt allenfalls die Vereinbarkeit der späteren Theorie mit der früheren Erklärung.
Der letztgenannte Sachverhalt trifft auf Albert Einsteins Erklärung und Berechnung der Präzession des Merkur-Perihels zu. Die Ellipse der Merkurbahn um die Sonne dreht sich ständig um einen sehr geringen Winkel, der Punkt des kürzesten Abstands zur Sonne (Perihel) wandert voraus (Präzession). Der Sachverhalt der Präzession ist durch Le Verrier seit 1859 bekannt (Roseveare 1982, S. 1); der beobachtete Wert beträgt 5600“ pro Jahrhundert; davon können 5557“ durch die Gravitation anderer Himmelskörper und andere Faktoren nach der klassischen Theorie Newtons erklärt werden. Der Restbetrag von 43“ ist erklärungsbedürftig; Albert Einstein behauptet, diesen Restbetrag durch die ART zu erklären, und mit dieser Erklärung einen zwingenden Beweis für seine Theorie zu liefern.
Gegen die Beweiskraft von Albert Einsteins Erklärung als Bestätigung für die ART haben die Kritiker auf die bereits 1898 und detaillierter 1902 von Paul Gerber veröffentlichte Erklärung des Restbetrages hingewiesen. Zitiert wurden die Veröffentlichungen Gerbers 1903 in der Enzyklopädie der mathematischen Wissenschaften und 1904 in E. Mach: Die Mechanik in ihrer Entwicklung. 5. Aufl. Dieser Hinweis ist nicht unwichtig, da die Relativisten die Leistung von Gerber später als irrelevant hinstellen wollen.
Gerber erklärt den Restbetrag der Periheldrehung ohne Relativistik, allein mit der Annahme, daß die Gravitation sich mit Lichtgeschwindigkeit ausbreitet. Daher kann Albert Einsteins Erklärung nicht mehr als zwingender Beweis für die ART gelten. Gerbers Arbeiten werden in Darstellungen Albert Einsteins und der Relativisten verschwiegen.
Angesichts der Erklärungsmöglichkeiten ohne Relativistik ist der Merkur-Perihel keine Stütze der ART: die Erklärung des Merkur-Perihels beweist nur den Nicht-Widerspruch zwischen der Theorie und einem bestimmten Sachverhalt. Die Bedeutung Merkur-Perihel-Erklärung erscheint in einem ganz anderen Licht, wenn man die bei allen Planeten des Sonnensystems auftretenden Perihel-Bewegungen betrachtet, die unterschiedlich groß sind und im Falle der Venus sogar negativ, also einen rückläufigen Perihel bedeuten: diesen Wert kann die ART nicht erklären.
Eine grundsätzliche Erörterung über die Bedeutung von empirischen Befunden für die Richtigkeit einer Theorie findet sich bei Hugo Dingler: Die Ergreifung des Wirklichen.
München 1955. Nachdr. 1969, S. 207: Kritisiert den in der Physik häufig anzutreffenden irrigen Rückschluß von einer gefundenen Differentialgleichung (für experimentelle Meßwerte) auf die Richtigkeit der Prämissen des Experiments; erstens gehen in die Gleichungen Interpolationen und Glättungen ein, die keineswegs empirischer Herkunft sind; und zweitens könnte auf die Richtigkeit der Prämissen erst dann geschlossen werden, wenn der Beweis erbracht würde, daß dieselbe Differentialgleichung nicht auch aus anderen Prämissen abgeleitet werden kann. Ohne diesen Beweis ist der Rückschluß auf die Richtigkeit der Prämissen „eine auch rein logisch unhaltbare Behauptung, ein logischer Fehler“ (S. 207).
Der irrige Rückschluß auf die Prämissen ist für SRT und ART geradezu die Geschäftsgrundlage; die Beweise für ihre Unzulässigkeit wurden mehrfach erbracht: (1) durch Hasenöhrl für die Masse-Energie-Beziehung; (2) durch Soldner für die Aberration; (3) durch Gerber für den Merkurperihel.
Die Relativisten möchten diese Nachweise gern als lächerlichen Prioritätenstreit abtun: Dingler zeigt ihre wahre methodische Bedeutung für die Unzulässigkeit der schnellen Rückschlüsse auf Prämissen.
Gerber, Paul: Die räumliche und zeitliche Ausbreitung der Gravitation. In: Zeitschrift für Mathematik und Physik. 43. 1898, H. 2, S. 93-104. – Gerber, Paul: Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation. Schulschrift. Stargard: F. Hendess [Drucker], 1902. 24 S. (Stargard i. Pommern, Städt. Realgymnasium. Programmabhandlung 1902.) – Wiechert, Johann Emil: Perihelbewegung des Merkur und die allgemeine Mechanik. In: Physikalische Zeitschrift. 17. 1916, S. 442-448. – Gerber, Paul: Die Fortpflanzungsgeschwindigkeit der Gravitation / Anmerkung, S. 415: E. Gehrcke. In: Annalen der Physik. Ser. 4, Bd. 52. 1917, H. 4, S. 415-444. (Seitenzahl „444“ ist korrekt; in der Literatur genannte „441“ ist verursacht durch unklaren Druck). – Glaser, L. C.: Über Versuche zur Bestätigung der Relativitätstheorie an der Beobachtung [Teil 1]. In: Annalen für Gewerbe und Bauwesen. 87. 1920, Nr. 1036, S. 29-33. – Brown, George Burniston: A theory of action-at-a-distance. In: Physical Society. London. Proceedings. Sect. B. 68. 1955, S. 672-678. – Roseveare, N. T.: Mercury’s perihelion : from Leverrier to Einstein. Oxford 1982. 208 S.
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- 10. Mai 2013
- Artikel