Theorie der Elektrizität: Elektromagnetische Theorie der Strahlung

von Max Abraham

Theorie der Elektrizität [Bd. 2]:
Elektromagnetische Theorie der Strahlung
Max Abraham
 

2. Aufl. – Leipzig (usw.): Teubner 1908. 404 S. Vorwort: Juli 1908

Die Forschungsgruppe G.O. Mueller referiert stichworthaltig in ihrer Dokumentation Über die absolute Größe der Speziellen Relativitätstheorie  (Textversion 2.1 – Juni 2004) diese Arbeit von Max Abraham:

 

Vorwort: Wenn man an der elektromagnetischen Deutung festhält, führt „die Einführung des Relativitäts-postulats – wenigstens in der Dynamik des Elektrons – zu ungelösten Widersprüchen“ (S. IX). – S. 294-397: Bewegte Körper. Die Elektronentheorie von Lorentz kann die magnetischen Eigenschaften der Körper noch nicht befriedigend erklären; daher ist es „ gewagt“, sie „zur Begründung der elektrodynamischen Feldgleichungen für bewegte Körper heranzuziehen“ (S. 305).

– Diskutiert die Elektrodynamik bewegter Körper von E. Cohn (S. 308), den Versuch von Fizeau (S.310-312). Nimmt durchgängig „absolut ruhende Beobachter“ und „absolute“ und „ relative Strahlen“ an.

-„Die Existenz einer trägen Masse der Hohlraumstrahlung ist zuerst von F. Hasenöhrl behauptet worden“ (S. 351), nämlich 1904.

– Nennt das Meßergebnis des Michelson-Morley-Versuchs, bewertet es als „negativ“ (S. 361). Die Hypothese der Längenkontraktion könnte das Michelson-Morley-Versuchs-Ergebnis erklären; eine Dimensionsänderung fester Körper könnte man jedoch nur durch „absolut ruhende“ Maßstäbe messen, die allerdings auf der bewegten Erde nicht verfügbar sind: „Mit irdischen Maßstäben kann man diese Behauptung weder bestätigen noch widerlegen“ (S. 362). „Die … eingeführte Kontraktionshypothese erscheint zunächst bedenklich“ (S. 363). Lorentz will die Kontraktion durch Molekularkräfte erklären, die jedoch noch nicht „befriedigend gedeutet“ sind (S. 364).

– Einsteins „Forderung“ der C-Konstanz und das Relativitäts-„Postulat“ und die daraus abgeleitete Zeitdefinition führen zu „nicht annehmbaren“ Konsequenzen: „sie machen es notwendig, die Einsteinsche Zeitdefinition abzulehnen“ (S. 368-369). Die Dauer eines Vorganges ist unabhängig davon, ob sie „in der Skala der allgemeinen Zeit oder in der Ortszeitskala gemessen wird“ (S. 369); das Postulat der C-Konstanz muß fallen.

– Die Theorie von E. Cohn genügt dem Postulat der Relativität, ohne Deformation bewegter Körper oder besondere Zeitmaße in bewegten Systemen und liefert eine  einfachere Deutung als Lorentz (S. 395).

In der Darstellung der bewegten Körper fehlt die von Einstein in seiner Ur-Kunde 1905 behandelte Asymmetrie der Induktion zwischen „ruhendem“ und „bewegtem“ Magnet und Leiter.

– Abraham trägt in dieser Auflage seines Lehrbuchs die früheste in Deutschland veröffentlichte fundamentale Kritik der Theorie vor, nach der Vorwortdatierung „Juli 1908“ noch vor Minkowskis Vortrag in Köln im September 1908.

 

Theorie der Elektrizität [Bd. 2]:
Elektromagnetische Theorie der Strahlung
2. Aufl. – Leipzig (usw.): Teubner 1914. 402 S. Vorwort: Juli 1908
Bezug auf: Abraham: Zur Elektrodynamik bewegter Körper. In: Rendiconti del Circolo Matematico di Palermo. 28. 1909, S. 1-28.

Vorwort (S. VII-VIII): Neu bearbeitet wurde die Elektrodynamik bewegter Körper, in Anlehnung an die Darstellung des Verfassers in: Rendiconti del Circolo Matematico di Palermo. 28. 1909, S. 1-28.

– Die Sätze vom Impuls des Energiestroms und von der Trägheit der Energie werden unabhängig von der Relativitätstheorie entwickelt. Durch das Postulat der Schwere der Energie „veranlaßt, geben wir mit Einstein das zweite Postulat der Relativitätstheorie auf, und nehmen im Schwerefelde die Lichtgeschwindigkeit als veränderlich an“ (S. VIII).

– Kap. 4: Relativitätstheorie. Der Michelson-Morley-Versuchs hat Verschiebungen der Interferenzstreifen „ kleiner als 0,02 des Streifenabstandes“ ergeben (S.362), was als „negatives Ergebnis“ bewertet wird. Zur Erklärung dieses Ergebnisses hat Lorentz die Kontraktionshypothese (LK) aufgestellt: „mit irdischen Maßstäben kann man diese Behauptung weder bestätigen noch widerlegen“ (S. 364); die LK „erscheint zunächst bedenklich“ (S. 364), weil Lorentz zur Begründung die noch nicht befriedigend gedeuteten Molekularkräfte nennt (S. 364-365). Eine zweite Hypothese von Lorentz behauptet die Zeitdilatation (ZD). Beide Hypothesen (LK, ZD) sind mit den „Raum- und Zeitbegriffen der klassischen Mechanik nicht verträglich … Man muß sich fragen, ob unter diesen Voraussetzungen den überlieferten Anschauungen der Geometrie und der Kinematik überhaupt noch eine Bedeutung zukommt“ (S. 369). Einstein hat diese Frage mit seiner Relativitätstheorie verneint. „Mathematisch ist … die Einsteinsche Theorie mit der Lorentzschen äquivalent“ (S. 370); „Der schwache Punkt der Relativitätstheorie ist offenbar das zweite Postulat der Konstanz der Lichtgeschwindigkeit … In der Tat hat Einstein selbst später eine Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Schwerepotential angenommen“ (S. 372). Läßt für die weitere Darstellung der Theorie das Prinzip der C-Konstanz fallen, nimmt vielmehr für C verschiedene Werte an, auch Überlichtgeschwindigkeiten (S. 375). Der Anspruch der Theorie auf Allgemeingültigkeit wird für die Optik und Elektrodynamik erfüllt, jedoch noch nicht für die Mechanik (S.389).

– Ergebnis: „Sieht man das Postulat von der Schwere der Energie, und somit den Satz von der Erhaltung des Gewichtes, in dem oben angegebenen Sinne als gültig an, so muß man jene Relativitätstheorie und die auf ihr fußenden Raum- [und] Zeit-Begriffe aufgeben“ (S.394).

_ Versucht weitgehend eine Darstellung der Theorie nach ihren eigenen Grundsätzen und bemüht sich, gewisse Leistungen anzuerkennen, kommt jedoch schließlich zur Ablehnung. – Zur Aufgabe des 2. Postulats (C-Konstanz) beruft sich Abraham zweckmäßigerweise gleich auf Einstein: diesen Punkt hat die relativistische Literatur auch heute, 80 Jahre später, noch nicht begriffen.

 

Theorie der Elektrizität [Bd. 2]:
ElektromagnetischeTheorie der Strahlung

5. Aufl. – Leipzig (usw.): Teubner 1923. 394 S. Vgl. 3. Aufl. 1914. – Eine 4. Aufl. ist für Bd. 2 nicht nachgewiesen. 

Vorwort (datiert Dez. 1919): Das der Speziellen Relativitätstheorie zugrundeliegende Postulat der C-Konstanz läßt sich nicht aufrechterhalten; es widerspricht dem Postulat der Schwere der Energie, woraus eine Abhängigkeit der Lichtgeschwindigkeit vom Gravitationspotential folgt (S. V).

– Kap. 4: Relativitätstheorie (S. 350-390): Behandelt nur die Spezielle Relativitätstheorie und gewisse Aspekte der Gravitation, jedoch ausdrücklich nicht die Allgemeine Relativitätstheorie. Gegenüber der 3. Aufl. 1914 fast unveränderter Text. 

_ Zwischen Vorwort-Datierung und Erscheinungsjahr liegen 4 Jahre, in denen die Allgemeine Relativitätstheorie und die Beobachtung der Sonnenfinsternis 1919 die Diskussion des Verhältnisses Licht/Gravitation erheblich erweitert haben: diese Entwicklung wird ausgeklammert. – In der 6. Aufl. 1933, nach Abrahams Ableben erschienen unter seinem Autorennamen, wurde die Kritik der Einsteinschen Theorien vom Bearbeiter gestrichen und durch eine apologetische Darstellung ersetzt.

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Siehe auch vom Autor in diesem Blog:
Relativität und Gravitation; Erwiderung auf eine Bemerkung des Hrn. A. Einstein

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